Einleitung
Zweifellos
sehen wir heute eine Transformation der Medienwelt – und damit einhergehend
natürlich auch der Medienkultur. Nun kann man die Frage stellen, entwickelt
sich die Medienkultur, und als Teil davon die Medienkompetenz, etwas verzögert
technologischen und wirtschaftlichen Entwicklungen hinterher? Oder sind die
technologischen Entwicklungen ein Outcome aus gesellschaftlichem Fortschritt,
dessen veränderte Bedürfnisse so ihre Erfüllung erfahren? Diese Frage werde
ich schwerlich lösen können, im Rahmen dieses kurzen Aufsatzes schon gar nicht. Dennoch sind es jene Fragen, auf die es keine
offensichtlichen Antworten gibt, besonders wert, gestellt zu werden.
In
diesem Papier möchte ich zunächst grob und zwangsläufig unvollständig den Status
der Medienwelt umreißen, um damit im Zusammenhang stehend folglich die
Transformation des Medienkonsums bzw. der Medienkultur zu beleuchten. Gibt es
hierbei überhaupt einen Unterschied?
Ein
zentraler Gegenstand der Betrachtung ist insbesondere der Bereich Print. Ebenso
wird auch Musik kurz thematisiert, da sich in diesem Bereich bereits länger
eine Entwicklung zeigt, die dem Print-Bereich vorausgeht und womöglich gewisse
Parallelen bereithält.
1 Quo
Vadis?
Die heutige
Medienwelt steht an einem Punkt, wo das physische Medienprodukt – hauptsächlich
im Format Print – zunehmend in den Hintergrund rückt und von digitalisierter
Information abgelöst wird bzw. selbst schon darauf basiert. Dies ist eine große
Zäsur in der sich bis dahin meist recht linear entwickelnden Medienkultur. Dennoch
ist es natürlich nicht die erste– man denke nur an Gutenberg oder Rundfunk.
Diese Tendenz zeigt
sich medienübergreifend. Im Bereich Musik ist die Entwicklung bereits etwas
weiter vorangeschritten, ebenso beim Film, TV befindet sich gerade mitten im
Prozess. Im Bereich Buch etwa ist sie gerade erst dabei, sich mit Hilfe
zahlreicher Trials & Errors zu finden. Klar ist heute aber bereits, dass
viele etablierte Marktteilnehmer diese Transformation nicht überleben werden,
demgegenüber andere bisher unbekannte oder in anderen Bereichen tätigen Player
bedeutende Rollen einnehmen werden – man denke beispielsweise an Apple im
Bereich Musikvertrieb.
Allen medienübergreifenden
Entwicklungen gemeinsam ist die Veränderung von einer Welt der (physischen) Produkte
hin zu einer Welt der Rechte. Diese Veränderung fällt vielen Konsumenten wie
Anbietern nicht leicht, da das Eigentumskonzept seit seiner Einführung vermittels
physisch angreifbarer Dinge, später „Produkte“, versinnbildlicht wurde. Die
Physis der Produkte gerät in den Hintergrund. Das Recht an der Nutzung dagegen
ist das, wofür Medienunternehmen bezahlt werden wollen. Den gesellschaftlichen
Nutzungs- und Vertriebsgewohnheiten entspricht dies aber (noch) nicht.
Die Musikindustrie
hat lange versucht, sich der Virtualisierungstendenz entgegenzustellen und leidet
bis heute darunter, die Zeichen der Zeit zu spät erkannt zu haben bzw.
anschließend gegen sie angelaufen zu sein, anstatt sich damit zu arrangieren
(zu dieser Zeit war von der Digitalisierung im Print-Bereich übrigens noch gar
nicht die Rede) – und plötzlich war mit Napster ein neuer Player auf dem Markt,
der das ganze System in Frage stellte.
Relativ später aber
umso größerer Profiteur davon war Apple, das sich durch gebotene Convenience wieder
zahlungswillige Kunden rekrutierte. Es ist also gelungen, aus einem Versäumnis
der Musikindustrie zu profitieren und die Nutzer digitaler Tonstücke von einer weit
verbreiteten – zwar am Rande der Legalität agierenden, aber dennoch weithin
akzeptierten – Gratiskultur „zurück“ in ein Bezahlmodell überzuführen. Die
Musikverlage haben davon aber nur teilweise profitiert: sie stehen marktmächtigen
Vertriebsunternehmen gegenüber, die auf ihren Plattformen die Konditionen diktieren,
wie Apple deutlich zeigt. Versuchen Sie mal, dort einen Song für mehr als 99
Cent zu verkaufen und damit an Absatzzahlen gemessen erfolgreich zu sein. Aber Modelle
dem iTunes-Store entsprechend sind nur eine Zwischenlösung: hatte man früher
den physischen Tonträger, kauft(e) man danach über iTunes die digitale Tonspur.
Mittlerweile verschiebt sich der Markt immer mehr hin vom Besitz (z.B. eines
Songs) hin zum „Bezugsrecht“ bei Bedarf (z.B. Spotify).
Exemplarisch sei auch
der Aufstieg von YouTube und der gleichzeitige Rückgang von Musikvideos auf MTV
erwähnt bzw. die zunehmende Bedeutungslosigkeit eines Musiksenders, der 20
Jahre davor noch einer ganzen Generation ihren Namen gab. YouTube hatte bereits
früh Charakteristiken Inne, die sich immer mehr verstärkten. Während man bei
MTV als Zuseher auf gute Songs hoffte, so hatte YouTube den Vorteil, dass man
zielgenau die Videos sehen und hören konnte, die man wollte. Bei allen
logischen Vorteilen, die dieses „on Demand“-Prinzip hat, bringt es aber auch
die Gefahr mit, den eigenen Horizont abzustecken und gegen vielerlei Einflüsse
abzuschotten.
Dem Prinzip
folgend sind heute etwa Spotify oder Soundcloud relevante Plattformen, die
Usern die Songs per Stream zur Verfügung stellen und nicht mehr verkaufen –
gegen Bezahlung auch werbefrei.
Viele dieser
Entwicklungen scheinen sich auch im Buchmarkt abzuzeichnen. Amazon Prime etwa
verkauft im Prinzip keine Bücher mehr, sondern funktioniert wie eine digitale
Flatrate-Bibliothek. Ich zahle also für das Recht, ein Buch zu lesen. Noch
können sich viele Menschen nicht vorstellen, „nur“ für den Inhalt eines Buchs
zu bezahlen, ohne dafür auch ein physisches Buch zu erhalten. Doch diese noch
große Gruppe wird von Generation zu Generation kleiner. Auch der Begriff „Buch“
selbst, oder auch der des Magazins, wird sich wandeln müssen. Heute hat man bei
dem Begriff ein papierenes Buch mit Einband und Seiten (oder ein Taschenbuch)
als Bild im Kopf, beim Magazin eine gedruckte Zeitschrift. Ob das in ein paar
Jahrzehnten auch noch der Fall sein wird, darf bezweifelt werden. Bei
Tonträgern waren Inhalt und Medium tendenziell bereits davor schon eher
entkoppelt. So hat man Lieder geschrieben und auf eine CD aufgenommen. Autoren
haben aber seit jeher „Bücher“ geschrieben – das Buch war also synonym mit der
darin erzählten Geschichte.
Ein Gedanke noch: wenn ich heute in
der U-Bahn am Kindle lese, wird es für den Beobachter schwierig bis unmöglich
festzustellen sein, welches Buch ich gerade lese. Durch die Digitalisierung
verliert das Buch einen Gutteil seiner optischen und alles an seiner haptischen
Identität.
2 Medienkonsum/Medienkultur
Wie ist das
Verhältnis zwischen beiden Begriffen zu konstatierten? Der Medienkonsum ist
jener Aspekt der Medienkultur, auf den Verlage bzw. Player im Markt fokussieren,
da sie hier aktuelle Entwicklungen erkennen und vielleicht sogar leiten wollen
(z.B. Amazon). Die Medienkultur ist damit aber keinesfalls umfassend behandelt.
Denn dazu zählen meiner Einschätzung folgend viele weitere Aspekte – etwa der
öffentliche Diskurs um, über und in den Medien, die Werthaltung und
-zuschreibung gegenüber unterschiedlichen Medien, die Verfügbarkeit, – ganz
entscheidend – Medienkompetenz und vieles mehr.
Dass Medienkultur mehr bedeutet als
„Was kauft der Medienkonsument“, wird möglicherweise einer jener Unterschiede
sein, der gute von schlechten Medienunternehmen unterscheidet – letzten Endes
auch wirtschaftlich.
2.1 Der
(geistig) schlanke Staat
Oft ist von Medienkompetenz
die Rede. Doch wer soll diese Medienkompetenz vermitteln? Ein Bildungssystem,
das immer „effizienter“ werden muss und aktuell vor allem quantitative
Kennzahlen und immer aufwendigere Rechtstexte für jeden (un)möglichen
Anlassfall als Maßstab zeitgemäßen gesellschaftlichen Agierens definiert?
Gerade im Bereich der Medienkompetenz
(wie auch in vielen anderen Bereichen) sollte es wieder vermehrt zu einer
Rückbesinnung auf Erkenntnisgewinn anstatt Wissensvermittlung kommen. Den
richtigen Umgang und die adäquate Einschätzung mit und von unterschiedlichen
Medien kann man halt nicht auswendig
lernen. Dazu wäre eine Art „Humanistic Turn“ in der staatlichen
Bildungspolitik notwendig, zu dem es nach derzeitiger Einschätzung nicht allzu
bald kommt.
2.2 Demokratisierung
vs. Monopolisierung
Im Bereich der
Medienwirtschaft zeigt sich eine bipolare Entwicklung. Einerseits demokratisiert
sich das Publikationswesen in der neuen digitalen Welt. Jeder kann sein eigenes
Werk relativ unkompliziert verlegen und mittels Knopfdruck weltweit vertreiben,
ohne dafür in existenzbedrohende Vorauslage gehen zu müssen. Die noch bis vor
kurzem ungeahnten Möglichkeiten dieser schönen neuen Welt sind gewaltig und ein
riesiger Fortschritt hinsichtlich einer demokratischeren, (meinungs-)
vielfältigen Medienwelt.
vielfältigen Medienwelt.
Soweit so gut?
Naja. Das ist nur ein Teil der Wahrheit. Denn diesen in der Theorie erfrischend
liberalen Möglichkeiten steht ein Vertriebsoligopol gegenüber, das – adäquat zu
Apple im Bereich Musik oder nun ohnehin auch schon im Buchbereich –Bedingungen,
Form und praktisch auch Preis diktiert. So unterwerfen sich sowohl
Self-Publisher als auch Verlage den Bedingungen von Amazon, Google etc. sowie
deren „Gesetzen“ mehr oder minder freiwillig, da ein Nichtvorhandensein auf diesen
wenigen, aber umso platzgreifenderen Plattformen einer Nichtexistenz
gleichkommt. Bewusste Positionierung in Nischen ist hiervon natürlich nicht
betroffen, auf den überwiegenden Teil trifft diese
„Friss-oder-stirb“-Anforderung allerdings zu.
Dies mag
dramatischer klingen, als es ist. Möglich, es würde mich freuen. Und es stehen,
wie sich zeigt, einigen eher bedenklichen Entwicklungen ja sehr erfreuliche
neue Möglichkeiten gegenüber. Dennoch ist das Feld eines, in dem sich vernünftige
Kulturpolitik auf den Plan gerufen fühlen sollte, um es nicht unweigerlich den
asymmetrischen Machtverhältnissen des Markts alleine zu überlassen. Gedeihlich
und positiv wäre hier die etwas naive Vorstellung einer geringen Kulturflatrate
(zu Lasten der GIS-Gebühren), die z.B. den Zugang einer staatlichen
Online-Mediathek miteinschließt, deren Programm nicht den AGBs privater
Konzerne unterliegt, sondern sich an einem humanistischen Konsens orientiert. Vielleicht
würde die Verfügbarkeit von Werken auch wieder mehr vom Inhalt abhängen,
anstatt etwa von einem nackten Busen auf dem Cover…
Demgegenüber wäre in diesem Fall
konkret Österreich gut beraten, die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender
wieder dem öffentlich-rechtlichen Auftrag nahezubringen. Für einen
systemoffenen, von Anbietern unabhängigen E-Reader für jedes Schulkind inkl.
Zugang zur „digitalen Nationalbibliothek“ würde ich wesentlich lieber die paar
Hundert Euro jährlich ausgegeben haben, als für amerikanische Sitcoms, für als
Sport getarnte inszenierte Marketing-„Events“ oder verkaufsförderndes Format-Radio.
Dies alles sähe ich bei den Privaten besser aufgehoben. Ach ja, bitte beachten Sie die Produktplatzierungen
in diesem Text nicht! Sollten Sie welche ausmachen, sind diese keineswegs
intendiert und können geflissentlich ignoriert werden.
2.3 Medienkonsum
– vom Privileg zur Flut. Oder?
Die exponentiell
steigende Zahl an verfügbaren Medien und deren Inhalten macht die oben
angesprochene Medienkompetenz umso wichtiger, um sich im „Content-Dschungel“
zurecht zu finden.
War Information an
sich früher ein Privileg, so ist dies heute zum großen Glück nicht mehr so. Die
Problematik ist heute vielmehr die Flut an Informationen, die über jeden
einzelnen hereinbricht. Es liegt nun am einzelnen selbst, die Informationen auf
Gehalt, Validität und Intention zu überprüfen. Auf diese Kompetenz wurde bisher
womöglich zu wenig Wert gelegt.
In Österreich
freut sich beispielsweise ein Anzeigenblatt größter Beliebtheit, das gratis in
öffentlichen Verkehrsmitteln aufliegt. Es kommt betreffend Anmut und Aufmachung
einer Zeitung entsprechend daher und nennt sich „Heute“. Neben etwa 50% Werbung
bietet das Blatt kurze Info-Brocken auf Basis von Agenturmeldungen, Skurriles
und Leichtgängiges. Das Produkt für sich genommen ist zweifellos gut! Man wird
es kaum schaffen, in der U-Bahn einen Artikel nicht zu Ende gelesen zu haben.
Aber in aller Verknappung liegt natürlich auch die Gefahr mangelnder Reflexion –
insbesondere, wenn die Meldungen nicht auf Eigenrecherche beruhen. Die Krux an
diesem Gratis-Anzeigenblatt ist aber insbesondere folgende:
Viele der Leser
sitzen dem sehr wohl intendierten Trugschluss auf, damit eine Zeitung gelesen
zu haben. Alles, was man so wissen muss,
steht kurz und knapp – und gratis – im Blatt. Warum brauche ich da noch mehr?
…und in weiterer Folge wird die Luft für Tageszeitungen, die auf
Eigenrecherche, Hintergrundgeschichten und einen dafür gerechtfertigten Preis setzen,
dünner.
Der Unterschied
ist meiner Ansicht nach jener: das Primärziel des Gratisblatts „Heute“ ist es,
zu verkaufen – und zwar Schaltungen und Werbeflächen. Das Produkt wird in Form
und Inhalt diesem Zweck untergeordnet. Information ist ein Mittel zum Zweck.
Qualitätszeitungen leben heute natürlich auch vom Anzeigenverkauf, dennoch sind
das Selbstverständnis und der eigene Anspruch an den Inhalt andere. Hier sind
die Anzeigen Mittel zum Zweck. Leider ist diese Trennung auf den ersten Blick
nicht sichtbar – mit ein wenig Medienkompetenz aber schnell zu erkennen, wenn einem
dieses Privileg gegönnt ist.
Dies war ein
kleiner Exkurs, der aber nicht soweit am Thema vorbei geht, da auch dieses
Beispiel im Endeffekt auf die wichtige Rolle von Medienkompetenz in der heutigen
und zukünftigen Medienwelt referenziert. Es macht also sehr wohl einen Unterschied,
ob man sich „seine“ Information bewusst auswählt und zusammenträgt oder
schlicht alles annimmt, was sich einem aggressiv darbietet – darüber hinaus
nichts mehr – und sich sodann womöglich auch dem Trugschluss hingibt, man sei
„informiert“, was immer das auch bedeuten mag.
In einer Zeit des
Überangebots an Information ist nicht zuletzt die „Filtermacht“ von eminenter
Bedeutung. Wer entscheidet, welche Information (oder auch Desinformation) in
welcher Form zu welchem Zeitpunkt an mich gelangt – oder auch nicht? Da mit dem
eigenen Informations- und Erkenntnisstand auch zwangsläufig das eigene Weltbild
determiniert wird, ist diese Angelegenheit nicht so ganz banal. Natürlich wird
man nie wissen, welche Informationen einem vorenthalten werden. Aber je kompetenter
man jene einzuschätzen und zu bewerten weiß, die man erhält oder sich erarbeitet,
desto weniger ist man gezwungen, sie unreflektiert für bare Münze zu nehmen.
Heute, wo Begriffe wie
Definitionsmacht, Lobbying und ganz offen gesprochen Propaganda relevante Teile
zu einer gesellschaftlichen Gemengelage beitragen, darf man sich schon darum bemühen,
zumindest soweit es möglich ist, einen guten Teil der Filtermacht bei sich
selbst zu behalten.
3 Zeit
ist Geld – Geld ist Zeit!
Das mag jetzt ein
wenig zu sehr ins Philosophische abschweifen, aber wann hat man schon die
Möglichkeit, ein meinungslastiges Essay zu diesem Thema zu schreiben?
Im Prinzip ist
Geld geronnene Zeit. Darüber kann man an anderer Stelle ausführlich
diskutieren; aber häufig stimmt’s! Habe ich kein Geld, muss ich Zeit aufwenden,
um welches zu beschaffen/verdienen. Habe ich Geld, muss ich, wenn ich nicht
möchte, keines mehr beschaffen und habe dementsprechend mehr Zeit – ganz
vereinfacht gesprochen. Diese Logik sei deshalb kurz angerissen, weil Zeit eine
große Rolle in der Medienkultur spielt.
So lebt die
Gratiszeitung „Heute“ davon, dass die Leute keine Zeit haben. Sie wird in der
U-Bahn gelesen, im Transit, im Status-freien Raum – das macht sie erfolgreich.
…und so lebt die
unhandliche, dicke und relativ teure Wochenzeitung „Die Zeit“ so gut wie noch
nie davon, dass sich die Leute Zeit für sie nehmen – das muss man sich gewiss
auch leisten können.
Während erstere
kurze, übersichtliche Brocken in ein handliches Format verpackt, macht es
zweitere notwendig, sich eingehend mit ihr zu beschäftigen. Dazu braucht man
viel Zeit – eine U-Bahnfahrt zur Arbeit wird da nicht ausreichen – und Raum, im
Sinne von Platz: allein dieses Großformat in der U-Bahn aufzuschlagen, ist ein
zum Scheitern verurteiltes Unterfangen. Ohne es genau zu wissen, bin ich der
Meinung, dass sich diese Zeit-/Geld-Prämissen auch in der Leserschaft beider
Print-Medien niederschlagen: das Durchschnittseinkommen des Zeit-Lesers ist wohl größer als jenes
des Heute-Lesers, ebenso das Bildungsniveau.
Die Verweildauer pro Ausgabe wird nicht annähernd dasselbe Ausmaß haben, weil
die Entscheidung, Geld und Zeit für ein Medium zu investieren, einen wesentlich
bewussteren Informationszugang vermuten lässt.
Bewusste Informationsbeschaffung ist
also weiterhin ein Privileg. Dieses sollte aber möglichst allen vergönnt sein,
da Informationsstände und -tendenzen nicht zuletzt die Gesellschaft
segmentieren. Wissen ist Macht. Was ist dann Unwissen? …eben!
4 Fazit/Zusammenfassung
Wie kann nun das Fazit des in seiner Struktur etwas wirren
Flickenteppichs lauten? Ein solches ist ehrlich gesagt nicht ganz einfach,
zusammenzuführen. Dafür verantwortlich bin ich insofern vor allem selbst, als
dass ich dieses Essay thematisch relativ breit, dafür hier und da wohl etwas zu
flach aufgesetzt habe. Naja. Ein Versuch:
Einerseits zeigt sich, dass sich gesellschaftliche Tendenzen in die
Medienwelt einschreiben – wie sollte es auch anders sein? Dies sind etwa die
zunehmende „Verrechtlichung“, Digitalisierung und der Anbruch eines Zeitalters
des Post-Eigentums. Hier lassen sich anhand der Musikindustrie ein paar vage
Blicke in die zukünftige Entwicklung im Print-Sektor werfen, wenngleich dieser
mit seinen Eigenheiten nicht den identen Weg gehen wird. Möglicherweise aber könnte
folgende Entwicklung ähnlich sein: totgesagte Schallplatten leben wieder auf
und werden zu guten Preisen, als Sonderpressungen etc. teuer ver- und gekauft.
Demgegenüber ist alltägliche Musik im Convenience-Bereich nahezu vollständig
digitalisiert und wird häufig verramscht. Im Buchwesen deutet vieles darauf
hin, dass etwa Taschenbücher die Digitalisierung eher nicht überleben werden,
wobei das Buch als Statussymbol weiterhin Bestand haben wird. Für schöne,
prätentiöse Ausgaben im eigenen Bücherregal wird man vielleicht sogar mehr Geld
in die Hand nehmen, für den klassischen „Hausfrauenroman“ eher nicht. Im Zuge
dieser Entwicklungen wird der Begriff des „Buchs“ selbst eine Transformation
erfahren. Inhalt und Form werden entkoppelt.
Abgesehen
von dieser auch technischen Thematik dreht sich die Entwicklung der
Medienkultur vor allem um einen Begriff in seinen unterschiedlichen
Ausformungen:
Macht.
Informationsmacht, Marktmacht, Medienkompetenz uvm. sind allesamt
miteinander verwobene Themen, deren erster zwei man sich umso mehr ausliefert,
je weniger man von der dritten besitzt. Um das, was den Menschen ausmacht –
also seinen „Humanismus“ – zu bestärken und das eigene Souverän gegen den Markt
als Selbstzweck ins Rennen zu schicken, bedarf es einer engagierten Kultur- und
Bildungspolitik.
Letzten
Endes kann ich mich zum Abschluss nur wiederholen: der eigene Erkenntnis- und
Informationsstand determiniert das eigene Weltbild. Und – auch wenn es in der
Praxis leider der Fall ist – es kann nicht angehen, dass man sich ein reflektiertes,
umfangreicheres Weltbild erst leisten können muss!