Mittwoch, 24. November 2010

Sprache

Die Sprache ist unzulängliche Prothese allen Ausdrucks. Sie befähigt uns zunächst dazu, uns mitzuteilen - zu dem Versuch, das zu sagen, was man ausdrücken möchte, ohne es aber zur Perfektion bringen zu können. Besonders beim Versuch, Emotionen oder emotionelle Sachverhalte zu artikulieren, bemerkt man selbst oft am deutlichsten, dass man es doch nicht so ganz geschafft hat, zu sagen, was man meint.
Sprechen verleiht einem die Möglichkeit, dem Gemeinten mit sprachlichen Schablonen möglichst nahezukommen. Diese müssen aber auch noch vom Empfänger des Gesprochenen identifiziert werden.
Oftmals hinterlässt dann gerade der als am inbünstigsten, notwendigsten empfundene Sprechakt das deutlichste Gefühl von eklatanter Unbefriedigung, Nichterreichen des Ziels oder mangelnder Zweckerfüllung.
Manchmal mag es ratsam sein, sich zu vergegenwärtigen, dass miteinander sprechen zwar zwischenmenschliche Interaktion bedeutet, aber bereits auf einer Abstraktionsebene passiert. Den Vorgang des Abstrahierens kann man schön mit "etwas in Worte fassen" beschreiben. Die Gesprächpartner durchforsten ihr eigenes Repertoir nach jenen Schablonen, die ihrer Ansicht nach dem, was sie meinen, am nächsten kommen. Der "Besprochene" identifiziert logischerweise aber das ihm präsentierte, also die Schablone und das, mit dem, wofür die Schablone für ihn steht, selten aber mit dem vom Sprecher "Gemeinten". Wie sollte er auch? Die Konnotationen sind in Begriffe eingewachsene Erfahrungswelten, behaupte ich - aber das ist ein anderes Thema.

Bei all diesen bitteren Unzulänglichkeiten ermöglicht es ein verbreitertes Repertoire an Schablonen aber dennoch, dem Gemeinten deutlich näher zu kommen. Und auch wenn Prothesen ihren Zweck nie zur Gänze erfüllen können und als Ersatz dienen, so ist doch zu betonen, dass sie nichtsdestotrotz nach wie vor einen Zweck erfüllen.