Dienstag, 3. März 2015

Information. Macht. Medien. Ein Essay zur gegenwärtigen Medienkultur



Einleitung
Zweifellos sehen wir heute eine Transformation der Medienwelt – und damit einhergehend natürlich auch der Medienkultur. Nun kann man die Frage stellen, entwickelt sich die Medienkultur, und als Teil davon die Medienkompetenz, etwas verzögert technologischen und wirtschaftlichen Entwicklungen hinterher? Oder sind die technologischen Entwicklungen ein Outcome aus gesellschaftlichem Fortschritt, dessen veränderte Bedürfnisse so ihre Erfüllung erfahren? Diese Frage werde ich schwerlich lösen können, im Rahmen dieses kurzen Aufsatzes schon gar nicht. Dennoch sind es jene Fragen, auf die es keine offensichtlichen Antworten gibt, besonders wert, gestellt zu werden.
In diesem Papier möchte ich zunächst grob und zwangsläufig unvollständig den Status der Medienwelt umreißen, um damit im Zusammenhang stehend folglich die Transformation des Medienkonsums bzw. der Medienkultur zu beleuchten. Gibt es hierbei überhaupt einen Unterschied?
Ein zentraler Gegenstand der Betrachtung ist insbesondere der Bereich Print. Ebenso wird auch Musik kurz thematisiert, da sich in diesem Bereich bereits länger eine Entwicklung zeigt, die dem Print-Bereich vorausgeht und womöglich gewisse Parallelen bereithält.


1    Quo Vadis?
Die heutige Medienwelt steht an einem Punkt, wo das physische Medienprodukt – hauptsächlich im Format Print – zunehmend in den Hintergrund rückt und von digitalisierter Information abgelöst wird bzw. selbst schon darauf basiert. Dies ist eine große Zäsur in der sich bis dahin meist recht linear entwickelnden Medienkultur. Dennoch ist es natürlich nicht die erste– man denke nur an Gutenberg oder Rundfunk.
Diese Tendenz zeigt sich medienübergreifend. Im Bereich Musik ist die Entwicklung bereits etwas weiter vorangeschritten, ebenso beim Film, TV befindet sich gerade mitten im Prozess. Im Bereich Buch etwa ist sie gerade erst dabei, sich mit Hilfe zahlreicher Trials & Errors zu finden. Klar ist heute aber bereits, dass viele etablierte Marktteilnehmer diese Transformation nicht überleben werden, demgegenüber andere bisher unbekannte oder in anderen Bereichen tätigen Player bedeutende Rollen einnehmen werden – man denke beispielsweise an Apple im Bereich Musikvertrieb.
Allen medienübergreifenden Entwicklungen gemeinsam ist die Veränderung von einer Welt der (physischen) Produkte hin zu einer Welt der Rechte. Diese Veränderung fällt vielen Konsumenten wie Anbietern nicht leicht, da das Eigentumskonzept seit seiner Einführung vermittels physisch angreifbarer Dinge, später „Produkte“, versinnbildlicht wurde. Die Physis der Produkte gerät in den Hintergrund. Das Recht an der Nutzung dagegen ist das, wofür Medienunternehmen bezahlt werden wollen. Den gesellschaftlichen Nutzungs- und Vertriebsgewohnheiten entspricht dies aber (noch) nicht.
Die Musikindustrie hat lange versucht, sich der Virtualisierungstendenz entgegenzustellen und leidet bis heute darunter, die Zeichen der Zeit zu spät erkannt zu haben bzw. anschließend gegen sie angelaufen zu sein, anstatt sich damit zu arrangieren (zu dieser Zeit war von der Digitalisierung im Print-Bereich übrigens noch gar nicht die Rede) – und plötzlich war mit Napster ein neuer Player auf dem Markt, der das ganze System in Frage stellte.
Relativ später aber umso größerer Profiteur davon war Apple, das sich durch gebotene Convenience wieder zahlungswillige Kunden rekrutierte. Es ist also gelungen, aus einem Versäumnis der Musikindustrie zu profitieren und die Nutzer digitaler Tonstücke von einer weit verbreiteten – zwar am Rande der Legalität agierenden, aber dennoch weithin akzeptierten – Gratiskultur „zurück“ in ein Bezahlmodell überzuführen. Die Musikverlage haben davon aber nur teilweise profitiert: sie stehen marktmächtigen Vertriebsunternehmen gegenüber, die auf ihren Plattformen die Konditionen diktieren, wie Apple deutlich zeigt. Versuchen Sie mal, dort einen Song für mehr als 99 Cent zu verkaufen und damit an Absatzzahlen gemessen erfolgreich zu sein. Aber Modelle dem iTunes-Store entsprechend sind nur eine Zwischenlösung: hatte man früher den physischen Tonträger, kauft(e) man danach über iTunes die digitale Tonspur. Mittlerweile verschiebt sich der Markt immer mehr hin vom Besitz (z.B. eines Songs) hin zum „Bezugsrecht“ bei Bedarf (z.B. Spotify).
Exemplarisch sei auch der Aufstieg von YouTube und der gleichzeitige Rückgang von Musikvideos auf MTV erwähnt bzw. die zunehmende Bedeutungslosigkeit eines Musiksenders, der 20 Jahre davor noch einer ganzen Generation ihren Namen gab. YouTube hatte bereits früh Charakteristiken Inne, die sich immer mehr verstärkten. Während man bei MTV als Zuseher auf gute Songs hoffte, so hatte YouTube den Vorteil, dass man zielgenau die Videos sehen und hören konnte, die man wollte. Bei allen logischen Vorteilen, die dieses „on Demand“-Prinzip hat, bringt es aber auch die Gefahr mit, den eigenen Horizont abzustecken und gegen vielerlei Einflüsse abzuschotten.
Dem Prinzip folgend sind heute etwa Spotify oder Soundcloud relevante Plattformen, die Usern die Songs per Stream zur Verfügung stellen und nicht mehr verkaufen – gegen Bezahlung auch werbefrei.
Viele dieser Entwicklungen scheinen sich auch im Buchmarkt abzuzeichnen. Amazon Prime etwa verkauft im Prinzip keine Bücher mehr, sondern funktioniert wie eine digitale Flatrate-Bibliothek. Ich zahle also für das Recht, ein Buch zu lesen. Noch können sich viele Menschen nicht vorstellen, „nur“ für den Inhalt eines Buchs zu bezahlen, ohne dafür auch ein physisches Buch zu erhalten. Doch diese noch große Gruppe wird von Generation zu Generation kleiner. Auch der Begriff „Buch“ selbst, oder auch der des Magazins, wird sich wandeln müssen. Heute hat man bei dem Begriff ein papierenes Buch mit Einband und Seiten (oder ein Taschenbuch) als Bild im Kopf, beim Magazin eine gedruckte Zeitschrift. Ob das in ein paar Jahrzehnten auch noch der Fall sein wird, darf bezweifelt werden. Bei Tonträgern waren Inhalt und Medium tendenziell bereits davor schon eher entkoppelt. So hat man Lieder geschrieben und auf eine CD aufgenommen. Autoren haben aber seit jeher „Bücher“ geschrieben – das Buch war also synonym mit der darin erzählten Geschichte.
Ein Gedanke noch: wenn ich heute in der U-Bahn am Kindle lese, wird es für den Beobachter schwierig bis unmöglich festzustellen sein, welches Buch ich gerade lese. Durch die Digitalisierung verliert das Buch einen Gutteil seiner optischen und alles an seiner haptischen Identität.



2 Medienkonsum/Medienkultur
Wie ist das Verhältnis zwischen beiden Begriffen zu konstatierten? Der Medienkonsum ist jener Aspekt der Medienkultur, auf den Verlage bzw. Player im Markt fokussieren, da sie hier aktuelle Entwicklungen erkennen und vielleicht sogar leiten wollen (z.B. Amazon). Die Medienkultur ist damit aber keinesfalls umfassend behandelt. Denn dazu zählen meiner Einschätzung folgend viele weitere Aspekte – etwa der öffentliche Diskurs um, über und in den Medien, die Werthaltung und -zuschreibung gegenüber unterschiedlichen Medien, die Verfügbarkeit, – ganz entscheidend – Medienkompetenz und vieles mehr.
Dass Medienkultur mehr bedeutet als „Was kauft der Medienkonsument“, wird möglicherweise einer jener Unterschiede sein, der gute von schlechten Medienunternehmen unterscheidet – letzten Endes auch wirtschaftlich.

2.1 Der (geistig) schlanke Staat
Oft ist von Medienkompetenz die Rede. Doch wer soll diese Medienkompetenz vermitteln? Ein Bildungssystem, das immer „effizienter“ werden muss und aktuell vor allem quantitative Kennzahlen und immer aufwendigere Rechtstexte für jeden (un)möglichen Anlassfall als Maßstab zeitgemäßen gesellschaftlichen Agierens definiert?
Gerade im Bereich der Medienkompetenz (wie auch in vielen anderen Bereichen) sollte es wieder vermehrt zu einer Rückbesinnung auf Erkenntnisgewinn anstatt Wissensvermittlung kommen. Den richtigen Umgang und die adäquate Einschätzung mit und von unterschiedlichen Medien kann man halt nicht auswendig lernen. Dazu wäre eine Art „Humanistic Turn“ in der staatlichen Bildungspolitik notwendig, zu dem es nach derzeitiger Einschätzung nicht allzu bald kommt.


2.2 Demokratisierung vs. Monopolisierung
Im Bereich der Medienwirtschaft zeigt sich eine bipolare Entwicklung. Einerseits demokratisiert sich das Publikationswesen in der neuen digitalen Welt. Jeder kann sein eigenes Werk relativ unkompliziert verlegen und mittels Knopfdruck weltweit vertreiben, ohne dafür in existenzbedrohende Vorauslage gehen zu müssen. Die noch bis vor kurzem ungeahnten Möglichkeiten dieser schönen neuen Welt sind gewaltig und ein riesiger Fortschritt hinsichtlich einer demokratischeren, (meinungs-)
vielfältigen Medienwelt.
Soweit so gut? Naja. Das ist nur ein Teil der Wahrheit. Denn diesen in der Theorie erfrischend liberalen Möglichkeiten steht ein Vertriebsoligopol gegenüber, das – adäquat zu Apple im Bereich Musik oder nun ohnehin auch schon im Buchbereich –Bedingungen, Form und praktisch auch Preis diktiert. So unterwerfen sich sowohl Self-Publisher als auch Verlage den Bedingungen von Amazon, Google etc. sowie deren „Gesetzen“ mehr oder minder freiwillig, da ein Nichtvorhandensein auf diesen wenigen, aber umso platzgreifenderen Plattformen einer Nichtexistenz gleichkommt. Bewusste Positionierung in Nischen ist hiervon natürlich nicht betroffen, auf den überwiegenden Teil trifft diese „Friss-oder-stirb“-Anforderung allerdings zu.
Dies mag dramatischer klingen, als es ist. Möglich, es würde mich freuen. Und es stehen, wie sich zeigt, einigen eher bedenklichen Entwicklungen ja sehr erfreuliche neue Möglichkeiten gegenüber. Dennoch ist das Feld eines, in dem sich vernünftige Kulturpolitik auf den Plan gerufen fühlen sollte, um es nicht unweigerlich den asymmetrischen Machtverhältnissen des Markts alleine zu überlassen. Gedeihlich und positiv wäre hier die etwas naive Vorstellung einer geringen Kulturflatrate (zu Lasten der GIS-Gebühren), die z.B. den Zugang einer staatlichen Online-Mediathek miteinschließt, deren Programm nicht den AGBs privater Konzerne unterliegt, sondern sich an einem humanistischen Konsens orientiert. Vielleicht würde die Verfügbarkeit von Werken auch wieder mehr vom Inhalt abhängen, anstatt etwa von einem nackten Busen auf dem Cover…
Demgegenüber wäre in diesem Fall konkret Österreich gut beraten, die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender wieder dem öffentlich-rechtlichen Auftrag nahezubringen. Für einen systemoffenen, von Anbietern unabhängigen E-Reader für jedes Schulkind inkl. Zugang zur „digitalen Nationalbibliothek“ würde ich wesentlich lieber die paar Hundert Euro jährlich ausgegeben haben, als für amerikanische Sitcoms, für als Sport getarnte inszenierte Marketing-„Events“ oder verkaufsförderndes Format-Radio. Dies alles sähe ich bei den Privaten besser aufgehoben. Ach ja, bitte beachten Sie die Produktplatzierungen in diesem Text nicht! Sollten Sie welche ausmachen, sind diese keineswegs intendiert und können geflissentlich ignoriert werden.


2.3 Medienkonsum – vom Privileg zur Flut. Oder?
Die exponentiell steigende Zahl an verfügbaren Medien und deren Inhalten macht die oben angesprochene Medienkompetenz umso wichtiger, um sich im „Content-Dschungel“ zurecht zu finden.
War Information an sich früher ein Privileg, so ist dies heute zum großen Glück nicht mehr so. Die Problematik ist heute vielmehr die Flut an Informationen, die über jeden einzelnen hereinbricht. Es liegt nun am einzelnen selbst, die Informationen auf Gehalt, Validität und Intention zu überprüfen. Auf diese Kompetenz wurde bisher womöglich zu wenig Wert gelegt.
In Österreich freut sich beispielsweise ein Anzeigenblatt größter Beliebtheit, das gratis in öffentlichen Verkehrsmitteln aufliegt. Es kommt betreffend Anmut und Aufmachung einer Zeitung entsprechend daher und nennt sich „Heute“. Neben etwa 50% Werbung bietet das Blatt kurze Info-Brocken auf Basis von Agenturmeldungen, Skurriles und Leichtgängiges. Das Produkt für sich genommen ist zweifellos gut! Man wird es kaum schaffen, in der U-Bahn einen Artikel nicht zu Ende gelesen zu haben. Aber in aller Verknappung liegt natürlich auch die Gefahr mangelnder Reflexion – insbesondere, wenn die Meldungen nicht auf Eigenrecherche beruhen. Die Krux an diesem Gratis-Anzeigenblatt ist aber insbesondere folgende:
Viele der Leser sitzen dem sehr wohl intendierten Trugschluss auf, damit eine Zeitung gelesen zu haben. Alles, was man so wissen muss, steht kurz und knapp – und gratis – im Blatt. Warum brauche ich da noch mehr? …und in weiterer Folge wird die Luft für Tageszeitungen, die auf Eigenrecherche, Hintergrundgeschichten und einen dafür gerechtfertigten Preis setzen, dünner.
Der Unterschied ist meiner Ansicht nach jener: das Primärziel des Gratisblatts „Heute“ ist es, zu verkaufen – und zwar Schaltungen und Werbeflächen. Das Produkt wird in Form und Inhalt diesem Zweck untergeordnet. Information ist ein Mittel zum Zweck. Qualitätszeitungen leben heute natürlich auch vom Anzeigenverkauf, dennoch sind das Selbstverständnis und der eigene Anspruch an den Inhalt andere. Hier sind die Anzeigen Mittel zum Zweck. Leider ist diese Trennung auf den ersten Blick nicht sichtbar – mit ein wenig Medienkompetenz aber schnell zu erkennen, wenn einem dieses Privileg gegönnt ist.
Dies war ein kleiner Exkurs, der aber nicht soweit am Thema vorbei geht, da auch dieses Beispiel im Endeffekt auf die wichtige Rolle von Medienkompetenz in der heutigen und zukünftigen Medienwelt referenziert. Es macht also sehr wohl einen Unterschied, ob man sich „seine“ Information bewusst auswählt und zusammenträgt oder schlicht alles annimmt, was sich einem aggressiv darbietet – darüber hinaus nichts mehr – und sich sodann womöglich auch dem Trugschluss hingibt, man sei „informiert“, was immer das auch bedeuten mag.
In einer Zeit des Überangebots an Information ist nicht zuletzt die „Filtermacht“ von eminenter Bedeutung. Wer entscheidet, welche Information (oder auch Desinformation) in welcher Form zu welchem Zeitpunkt an mich gelangt – oder auch nicht? Da mit dem eigenen Informations- und Erkenntnisstand auch zwangsläufig das eigene Weltbild determiniert wird, ist diese Angelegenheit nicht so ganz banal. Natürlich wird man nie wissen, welche Informationen einem vorenthalten werden. Aber je kompetenter man jene einzuschätzen und zu bewerten weiß, die man erhält oder sich erarbeitet, desto weniger ist man gezwungen, sie unreflektiert für bare Münze zu nehmen.
Heute, wo Begriffe wie Definitionsmacht, Lobbying und ganz offen gesprochen Propaganda relevante Teile zu einer gesellschaftlichen Gemengelage beitragen, darf man sich schon darum bemühen, zumindest soweit es möglich ist, einen guten Teil der Filtermacht bei sich selbst zu behalten.




3    Zeit ist Geld – Geld ist Zeit!
Das mag jetzt ein wenig zu sehr ins Philosophische abschweifen, aber wann hat man schon die Möglichkeit, ein meinungslastiges Essay zu diesem Thema zu schreiben?
Im Prinzip ist Geld geronnene Zeit. Darüber kann man an anderer Stelle ausführlich diskutieren; aber häufig stimmt’s! Habe ich kein Geld, muss ich Zeit aufwenden, um welches zu beschaffen/verdienen. Habe ich Geld, muss ich, wenn ich nicht möchte, keines mehr beschaffen und habe dementsprechend mehr Zeit – ganz vereinfacht gesprochen. Diese Logik sei deshalb kurz angerissen, weil Zeit eine große Rolle in der Medienkultur spielt.
So lebt die Gratiszeitung „Heute“ davon, dass die Leute keine Zeit haben. Sie wird in der U-Bahn gelesen, im Transit, im Status-freien Raum – das macht sie erfolgreich.
…und so lebt die unhandliche, dicke und relativ teure Wochenzeitung „Die Zeit“ so gut wie noch nie davon, dass sich die Leute Zeit für sie nehmen – das muss man sich gewiss auch leisten können.
Während erstere kurze, übersichtliche Brocken in ein handliches Format verpackt, macht es zweitere notwendig, sich eingehend mit ihr zu beschäftigen. Dazu braucht man viel Zeit – eine U-Bahnfahrt zur Arbeit wird da nicht ausreichen – und Raum, im Sinne von Platz: allein dieses Großformat in der U-Bahn aufzuschlagen, ist ein zum Scheitern verurteiltes Unterfangen. Ohne es genau zu wissen, bin ich der Meinung, dass sich diese Zeit-/Geld-Prämissen auch in der Leserschaft beider Print-Medien niederschlagen: das Durchschnittseinkommen des Zeit-Lesers ist wohl größer als jenes des Heute-Lesers, ebenso das Bildungsniveau. Die Verweildauer pro Ausgabe wird nicht annähernd dasselbe Ausmaß haben, weil die Entscheidung, Geld und Zeit für ein Medium zu investieren, einen wesentlich bewussteren Informationszugang vermuten lässt.
Bewusste Informationsbeschaffung ist also weiterhin ein Privileg. Dieses sollte aber möglichst allen vergönnt sein, da Informationsstände und -tendenzen nicht zuletzt die Gesellschaft segmentieren. Wissen ist Macht. Was ist dann Unwissen? …eben!


4 Fazit/Zusammenfassung
Wie kann nun das Fazit des in seiner Struktur etwas wirren Flickenteppichs lauten? Ein solches ist ehrlich gesagt nicht ganz einfach, zusammenzuführen. Dafür verantwortlich bin ich insofern vor allem selbst, als dass ich dieses Essay thematisch relativ breit, dafür hier und da wohl etwas zu flach aufgesetzt habe. Naja. Ein Versuch:
Einerseits zeigt sich, dass sich gesellschaftliche Tendenzen in die Medienwelt einschreiben – wie sollte es auch anders sein? Dies sind etwa die zunehmende „Verrechtlichung“, Digitalisierung und der Anbruch eines Zeitalters des Post-Eigentums. Hier lassen sich anhand der Musikindustrie ein paar vage Blicke in die zukünftige Entwicklung im Print-Sektor werfen, wenngleich dieser mit seinen Eigenheiten nicht den identen Weg gehen wird. Möglicherweise aber könnte folgende Entwicklung ähnlich sein: totgesagte Schallplatten leben wieder auf und werden zu guten Preisen, als Sonderpressungen etc. teuer ver- und gekauft. Demgegenüber ist alltägliche Musik im Convenience-Bereich nahezu vollständig digitalisiert und wird häufig verramscht. Im Buchwesen deutet vieles darauf hin, dass etwa Taschenbücher die Digitalisierung eher nicht überleben werden, wobei das Buch als Statussymbol weiterhin Bestand haben wird. Für schöne, prätentiöse Ausgaben im eigenen Bücherregal wird man vielleicht sogar mehr Geld in die Hand nehmen, für den klassischen „Hausfrauenroman“ eher nicht. Im Zuge dieser Entwicklungen wird der Begriff des „Buchs“ selbst eine Transformation erfahren. Inhalt und Form werden entkoppelt.
Abgesehen von dieser auch technischen Thematik dreht sich die Entwicklung der Medienkultur vor allem um einen Begriff in seinen unterschiedlichen Ausformungen:
Macht.
Informationsmacht, Marktmacht, Medienkompetenz uvm. sind allesamt miteinander verwobene Themen, deren erster zwei man sich umso mehr ausliefert, je weniger man von der dritten besitzt. Um das, was den Menschen ausmacht – also seinen „Humanismus“ – zu bestärken und das eigene Souverän gegen den Markt als Selbstzweck ins Rennen zu schicken, bedarf es einer engagierten Kultur- und Bildungspolitik.
Letzten Endes kann ich mich zum Abschluss nur wiederholen: der eigene Erkenntnis- und Informationsstand determiniert das eigene Weltbild. Und – auch wenn es in der Praxis leider der Fall ist – es kann nicht angehen, dass man sich ein reflektiertes, umfangreicheres Weltbild erst leisten können muss!